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当机器人成立作家协会…… Wenn Roboter einen Schriftstellerverband gründen

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Photo: Ingmar Zahorsky, CC BY-NC-ND 2.0, via flickr


人类终将陷入数字创造的魔法故事,荒废了文学?人机之间的主从格局,最终能否被一举颠覆?



人工智能,俗称机器人,接下来还要疯狂碾压哪些行业?


自“深蓝”干掉国际象棋霸主卡斯帕罗夫,到不久前“阿尔法围棋”的升级版“大师”(Master)砍瓜切菜般地血洗围棋界,江山易主看来已成定局。行业规则需要彻底改写 :棋类这东西当然还可以有,但职业棋赛不再代表最高水准,专业段位将降格为另一类业余段位,只能用来激励广场大妈舞似的群众游戏。最精彩的博弈无疑将移交给机器人,交给它们各自身后的科研团队—可以肯定,其中大部分人从不下棋。


现藏于计算机历史博物馆的“深蓝” | © wikipeida.org


翻译看来是另一片将要沦陷之地。最初的翻译机不足为奇,干出来的活常有一些强拼硬凑和有三没四,像学渣们的作业瞎对付。但我一直不忍去外语院系大声警告的是 :好日子终究不会长了。2016年底,谷歌公司运用神经网络的算法(algorithm)催生新一代机器翻译,使此前的错误大减60%。微软等公司的相关研发也奋起直追,以致不少科学家预测2017年最值得期待的五大科技成果之一,就是“今后不再需要学外语”(俄罗斯《共青团真理报》2016年12月28日)。事情似乎是,除了文学翻译有点棘手,今后涉外的商务、政务、新闻、旅游等机构,处理一般的口语和文件,配置一个手机APP(应用软件)足矣,哪还需要职业雇员?


教育界和医疗界会怎么样?还有会计、律师、广告、金融、纪检、工程设计、股票投资……那些行业呢?


美国学者凯文·凯利(Kevin Kelly)是个乐观派,曾炫示维基百科这一类义务共建、无偿共享的伟大成果,憧憬“数字化的社会主义”。阿里巴巴集团的马云也相信“大数据可以复活计划经济”。但他们未说到的是,机器人正在把大批蓝领、白领扫地出门。因为大数据和“云计算”到场,机器人在识别、记忆、检索、计算、规划、学习等方面的能力突飞猛进,正成为一批批人类望尘莫及的最强大脑 ;并以精准性、耐用性等优势,更显模范员工的风采。新来的同志们都有一颗高尚的硅质心(芯):柜员机永不贪污,读脸机永不开小差,自动驾驶系统永不闹加薪,保险公司的理赔机和新闻媒体的写稿机永不疲倦—除非被切断电源。


有人大胆预测,人类99%的智力劳动都将被人工智能取代(《环球日报》2017年1月6日)——最保守的估计也在45%以上。这话听上去不大像报喜。以色列学者赫拉利(Yuval Noah Harari)不久前预言 :绝大部分人即将沦为“无价值的群体”,再加上基因技术所造成的生物等级化,“我们可能正在准备打造出一个最不平等的社会”!(赫拉利:《人类简史》《未来简史》)是的,事情已初露端倪。“黑灯工厂” 的下一步就是“黑灯办公室”,如果连小商小贩也被售货机排挤出局,连保洁、保安等兜底性的再就业岗位也被机器人“黑”掉,那么黑压压的失业大军该怎么办?都去晒太阳、打麻将、跑马拉松、玩一次说走就走的旅行?一旦就业危机覆盖到适龄人口的 99%,哪怕只覆盖其中一半,肯定就是经济生活的全面坍塌。在这种情况下,天天享受假日亦即末日,别说社会主义,什么主义恐怕也玩不了。还有哪种政治、社会的结构能够免于分崩离析?数字社会主义也可能是数字寡头主义……好吧,这事权且放到以后再说。


作为一个文学爱好者,不能不想一想文学这事。这事虽小,却也关系到一大批文科从业者及文学受众。


赫拉利,  《人类简史》 | © amazon.de



不妨先看看下面两首诗 :


其一 :
 西窗楼角听潮声,水上征帆一点轻。
 清秋暮时烟雨远,只身醉梦白云生。


 其二 :
 西津江口月初弦,水气昏昏上接天。
 清渚白沙茫不辨,只应灯火是渔船。


两首诗分别来自宋代的秦观和 IBM 公司的“偶得”——一个玩诗的小软件。问题是,有多少人在两首诗前能一眼分辨出“他”和“它”?至少,当我将其拿去某大学做测试,三十多位文学研究生,富有阅读经验和鉴赏能力的专才们,也多见犹疑不决抓耳挠腮。如果我刷刷屏,让“偶得”君再提供几首,混杂其中,布下迷阵,人们猜出婉约派秦大师的概率就更小。


“偶得”君只是个小玩意儿,其算法和数据库一般般。即便如此,它已造成某种程度上的真伪难辨,更在创作速度和题材广度上远胜于人,沉重打击了很多诗人的自尊心。出口成章,五步成诗,无不可咏……对于它来说都是小目标。哪怕胡说八道—由游戏者键入 “胡说八道”甚至颠倒过来的“道八说胡”,它也可随机生成一大批相应的藏头诗,源源不断,花样百出,把四个狗屎字吟咏得百般风雅:“胡儿不肯落花边,说与兰芽好种莲。八月夜光来照酒,道人无意似春烟。”或是:“道人开眼出群山,八十年来白发间。说与渔樵相对叟,胡为别我更凭栏。”……这种批量高产的风雅诚然可恶,但衣冠楚楚的大活人们就一定能风雅得更像回事?对比一下吧,时下诸多仿古典、唐宋风、卖国粹的流行歌词,被歌手唱得全场沸腾的文言拼凑,似乎也并未见得优越多少。口号体、政策体、鸡汤体、名媛体、老干体的旧体学舌,时不时载于报刊的四言八句,靠一册《笠翁对韵》混出来的笔会唱和,比“道八说胡”也未见得高明几何。


诗歌以外,小说、散文、评论、影视剧等也正在面临机器人的野蛮敲门。上个世纪六十年代,美国贝尔实验室早已尝试机器写作。几十年下来,得助于互联网和大数据,这一雄心勃勃的探索过关斩将,终得茧破化蝶之势。日本朝日电视台2016年5月报道,一篇人工智能所创作的小说,由公立函馆未来大学团队提交,竟在一千四百五十篇参赛作品中瞒天过海,闯过“星新一奖”的比赛初审,让读者们大跌眼镜。说这篇小说是纯机器作品当然并不全对。有关程序是人设计的 ;数据库里的细节、情节、台词、角色、环境描写等各种“零部件”,也是由人预先输入储备的。机器要做的,不过是根据指令自动完成筛选、组合、推演、语法检测、随机润色一类事务。不过,这次以机胜人,已俨如文学革命的又一个元年。有了这一步,待算法进一步发展,数据库和样本量进一步扩大,机器人文艺事业大发展和大繁荣想必指日可待。机器人群贤毕至,高手云集,一时心血来潮,什么时候成立个作家协会,颁布章程选举主席的热闹恐怕也在所难免。


到那时,读者面对电脑,也许只需往对话框里输入订单 :


男一 :花样大叔。女一 :野蛮妹。配角 :任意。类型 :爱情 / 悬疑。场景:海岛 / 都市。主情调:忧伤。宗教禁忌:无。主情节 :爱犬 / 白血病 / 陨石撞地球。语调 :任意……


诸如此类。


随后立等可取,得到一篇甚至多篇有板有眼甚至有声有色的故事。其作者可能是人,也可能是机器,也可能是配比不同的人(HI)机(AI)组合—其中低俗版的组合,如淘宝网十五元一个的“写作软件”,差不多就是最廉价的抄袭助手,已成为时下某些网络作家的另一半甚至另一大半。某个公众熟悉的大文豪,一个多次获奖的马先生或海伦女士,多次发表过感言和捐赠过善款的家伙,在多年后被一举揭露为非人类,不过是一堆芯片、硬盘以及网线,一种病毒式的电子幽灵,也不是没有可能。


法国哲学家罗兰·巴特 | © wikipedia.org


法国人罗兰·巴特一九六八年发表过著名的《作者之死》,似已暗示过今日的变局。但作者最后将死到哪一步,将死成什么样子?是今后的屈原、杜甫、莎士比亚、托尔斯泰、曹雪芹、卡夫卡都将在硅谷或中关村那些地方高产爆棚,让人们应接不暇消受不了以至望而生厌?还是文科从业群体在理科霸权下日益溃散,连萌芽级的屈原、杜甫、莎士比亚、托尔斯泰、曹雪芹、卡夫卡也统统夭折,早被机器人逼疯和困死?


技术主义者揣测的也许就是那样。


原标题:写作的未来——当机器人成立作家协会

作者:韩少功,作家。八十年代寻根文学倡导者。代表作有中短篇小说集《月兰》(1981)、中篇小说《爸爸爸》(1985)以及长篇小说 《马桥词典》(1996)。

版权: 本文转载自《读书》2017年6月刊。



DE



Die Zukunft des Schreibens:

Wenn Roboter einen Schriftstellerverband gründen


Photo: Ingmar Zahorsky, CC BY-NC-ND 2.0, via flickr


Für die Menschheit beginnt endlich die magische Geschichte der digitalen Kreativität, doch droht der Literatur damit der Ruin? Oder wird die Herr-Knecht-Dialektik zwischen Mensch und Maschine mit einem Schlag auf den Kopf gestellt werden?


1.


Welche Metiers werden in Zukunft noch von Künstlicher Intelligenz, oft auch einfach als “Roboter” bezeichnet, überrollt werden?


Seit Deep Blue den Schachweltmeister Gary Kasparov besiegte und vor kurzem das Update „Master“ mit Leichtigkeit die Go-Weltelite zerstörte, scheint ein globaler Gezeitenwechsel bereits eingeläutet. Die Regeln vieler Bereiche müssen von Grund auf neu geschrieben werden. Spiele wie Schach und Go haben freilich noch ihre Daseinsberechtigung, doch professionelle Wettbewerbe in diesen Disziplinen zeigen nicht mehr das weltbeste Spielniveau. Die Spieler aus den höchsten Spielriegen werden quasi zu Amateuren degradiert, ihr Sport wird zur Freizeitbeschäftigung und bedeutet jetzt kaum mehr, als die tanzenden Gruppen chinesischer Damen denen man abends auf öffentlichen Plätzen oft begegnet. Die spektakulärsten Partien werden fortan den Robotern und den Wissenschaftlern dahinter vorbehalten sein, von denen ein Teil wahrscheinlich selbst noch nie ein Schachbrett angerührt hat.


Deep Blue in Computer History Museum | © wikipeida.org


Das Übersetzen ist ein weiteres vom Untergang bedrohtes Gebiet. Die ersten Gehversuche automatischer Übersetzungsmaschinen weckten keine großen Hoffnungen und die holprigen und zusammengeflickten Übersetzungen die dabei herauskamen glichen eher den hingeschmierten Hausaufgaben eines Hinterbänklers. Ich habe es nie über’s Herz gebracht, mich vor eine Fremdsprachenfakultät zu stellen und zu verkünden: Die guten Zeiten werden nicht ewig andauern! Ende 2016 nutzte Google erstmals einen neuronalen Algorithmus für die neue Generation der maschinellen Übersetzung und reduzierte damit Fehlerquote auf einen Schlag um 60 Prozent. Microsoft und andere Unternehmen sind Google dicht auf den Fersen, weshalb viele Wissenschaftler 2016 prognostizierten, dass eine der wichtigsten Neuerungen in 2017 sein werde, „ab sofort das Lernen von Fremdsprachen überflüssig zu machen“ (Komsomolskaja Prawda, 28.12.2016). Literarische Übersetzungen bleiben zwar eine ganz eigene Herausforderung, aber derzeit scheint es durchaus möglich, dass schon bald international agierende Unternehmen und Institutionen aus Regierung, Medien, Tourismus und anderen Bereichen bald mündliche und schriftliche Übersetzungen per App erledigen können. Wer braucht da noch professionelle Übersetzer?

Und was ist mit Bildung und Medizin? Buchhaltung, Rechtsberatung, Werbung, Finanzwesen, Qualitätsmanagement, Ingenieurswesen, Aktienmarkt – wie sieht es in diesen Bereichen aus?


Der US-amerikanische Forscher Kevin Kelly gehört zu den Optimisten. Er verweist auf erfolgreiche Gemeinschaftsprojekte wie Wikipedia und sagt den „Digitalen Sozialismus“ vorher. Ali Baba-Gründer Jack Ma glaubt, dass „Big Data die Planwirtschaft wiederbeleben könnte“. Was beide nicht sagen ist, dass Roboter bereits vielen Arbeitern und Angestellten ihre Jobs streitig machen. Big Data und Cloud Computing haben bei Robotern zu großen Durchbrüchen verholfen, ob in der Wiedererkennungsfähigkeit, Gedächtnisfähigkeit, Suchindizierung, Rechenleistung oder Planungs- und Lernfähigkeit. In diesen Bereichen hängen sie uns Menschen mehr und mehr ab, sind uns in puncto Präzision und Durchhaltevermögen ohnehin voraus und eignen sich darüber hinaus auch noch in puncto Arbeitsmoral zum Modellarbeiter. Diese neuen Kameraden haben ein nobles Herz aus Silikon: Geldautomaten sind niemals korrupt, Gesichtsscanner nicken niemals weg, selbstfahrende Systeme fragen nicht nach einer Gehaltserhöhung und die Schadensregulierungssoftware in Versicherungen und Nachrichtenalgorithmen machen nie Pause, es sei denn man zieht ihnen den Stecker.


Manche behaupten inzwischen schon, dass einst 99 Prozent aller menschlicher geistiger Arbeit von Maschinen übernommen werden wird (Global Times, 6. Januar 2017), doch selbst die zurückhaltendsten Schätzungen gehen von mindestens 45 Prozent aus. Das klingt nicht gerade nach einer frohen Botschaft. Der israelische Historiker Yuval Noah Harari sagte kürzlich voraus, dass ein großer Anteil der Bevölkerung zu einer „Klasse der Nutzlosen“ degradiert werden könnte. Kommt dazu noch die mögliche Stratifizierung der Gesellschaft durch genetische Optimierung, dann kann es sein „, dass wir auf dem besten Weg in eine maximal ungleiche Gesellschaft sind.“ (Harari, Eine kurze Geschichte der Menschheit, und Homo Deus: Eine Geschichte von Morgen). In der Tat, die Zukunft ist bereits hier. Auf die „dunkle Fabrik“ folgt nun das „dunkle Büro“. Und wenn Läden und Händler von Verkaufsautomaten ersetzt werden und selbst sichtbare Niedriglohnjobs wie Gebäudereinigungs- oder Sicherheitsdienste von Robotern „verdunkelt“ werden, wie werden dann die Massen an Arbeitslosen ihre Zeit verbringen? Werden sie in der Sonne liegen, Mah-Jongg spielen, Marathons laufen oder auf spontane Reisen gehen? Sobald die Beschäftigungskrise 99 Prozent der Menschen im erwerbsfähigen Alter, oder sogar nur die Hälfte, erreicht hat, ist ein völliger Zusammenbruch des Wirtschaftslebens sicher. Unter diesen Umständen werden sich die endlosen Urlaubstage eher wie das Ende der Welt anfühlen. An Sozialismus braucht man gar nicht denken, und andere „-ismen“ werden genauso wenig eine Rolle spielen. Welche Art von politischer oder gesellschaftlicher Struktur kann dieser Art von Zerfall widerstehen? Der digitale Sozialismus könnte sich letztlich als digitale Oligarchie entpuppen - aber lassen Sie uns das für den Moment beiseitelegen und später noch einmal darauf eingehen. Als Literaturliebhaber kann ich nicht anders, als an die Literatur zu denken. Vielleicht ist es nicht das entscheidende Thema, aber schließlich sind viele Menschen aus dem Literaturbetrieb betroffen – und natürlich die Leserinnen und Leser.


Harari, Eine kurze Geschichte der Menschheit | © amazon.de



2.


Schauen wir uns doch mal die zwei folgenden Gedichte näher an:


1.
Durch das westliche Eckfenster dringt der Klang der Wellen,
Auf dem Wasser tänzelt ein Boot.
Im Abendrot ziehen in der Ferne Dunstschwaden durch die klare Herbstluft,
In meiner Einsamkeit lässt mich der Wein von weißen Wolken träumen.

 
 2.
An der westlichen Furt erscheint die Sichel des Mondes,
der Dunst wabert langsam gen Himmel.
Eine Bank aus weißem Sand verschwindet langsam darin,
das einzige Licht kommt von den Fischerbooten. 


Eins dieser Gedichte stammt aus der Feder des Song Dynastie Dichters Qin Guan (秦观), das andere von einem von IBM entwickelten Computerprogramm mit dem Namen Oude (偶得). Die Frage ist, wie viele Menschen können mit einem Blick erkennen ob der Autor ein „Er“ ist oder ein „Es“? Als ich diesen Test auf Masterstudenten der Literaturwissenschaften an einer gewissen Universität anwendete, wurden diese erfahrenen Leserinnen und Leser und Experten im Zweifel gelassen. Und sobald ich auf der nächsten Folie noch einige weitere Gedichte von „Meister Oude“ dazumischte, dann konnten noch weniger Studierende das Werk von Meister Qin von der Wanyue-Schule (婉约派) bestimmen.


„Meister Oude“ ist nur ein Spielzeug ohne außergewöhnliche Datenbanken oder Algorithmen, aber das Programm ist dennoch in der Lage, die Experten bis zu einem gewissen Grad zu verwirren. Es ist auch einem menschlichen Poeten auch in Hinblick die Geschwindigkeit und die Breite des Themenmaterials weit überlegen, was der Selbstachtung vieler Dichter einen tiefen Schlag versetzen dürfte. Jedes Wort zu einem Gedicht werden lassen, das Versmaß halten, einen passenden Reim finden, all das ist für Oude keine große Sache. Selbst Unsinn ist für Oude keine Herausforderung: Gibt man die chinesischen Zeichen für Unsinn (胡说八道, wörtlich: leichtsinnig reden auf acht Pfaden) ein – egal ob vorwärts oder rückwärts – dann sprudelt aus Oude ein nicht enden wollender Strom cleverer, unerwarteter Verse von großer Vielfalt hervor, der die vier bedeutungslose Zeichen in verschiedenste Poesiestile verwandelt: „Obstkerne (胡儿) sollten nicht neben den Blumen stehen, denn man sagt (说), dass sie besser seien als Orchideensprossen zum Pflanzen von Lotusblumen. Das Abendlicht des Augusts (八月, achter Monat) spiegelt sich im Wein, und die Weisen (道人) erscheinen aus dem Nichts wie Frühlingsnebel.” Oder: „Die Weisen (道人) öffnen ihre Augen und kommen den Berg herab, ihre Haare so weiß als seien sie achtzig (八十). Man sagt (说) sie seien älter als die Fischer und die Holzfäller, wie kommt es dann (胡为), dass ich am Zaun Wache halten muss? ”


Diese hochproduktiven Wortschwälle sind zwar absurd, aber drücken sich denn all die geschniegelten Größen unserer Zeit wirklich soviel eleganter aus? Vergleichen wir doch mal die Werke von Oude mit der gegenwärtigen Masse an Popmusik, die in ihren Texten mit Vorliebe Klassiker der Tang und Song Poesie imitieren und die traditionsreiche Kultur damit schamlos ausverkaufen. Diese Texte, mit denen Popstars ganze Arenen zum Schunkeln bringen, scheinen den Werken von Oude kaum überlegen zu sein. Die nicht enden wollende Verwurstung von Slogans, politischem Jargon, Wohlfühlgewäsch, It-Girl-Blabla und Kader-Gequatsche durchziehen unsere Zeitungen. Und wären die literarischen Ergüsse, die aus einer Kollaboration von Lyrikern hervorgehen würde wirklich besser als Oudes „Unsinn“?


Lyrik ist nicht das einzige betroffene Feld. Romane, Essays, Kritiken und Film- und Fernsehdrehbücher sind ebenfalls von Künstlicher Intelligenz bedroht. In den 1960er Jahren führten Bell Laboratories bereits Experimente mit Schreibalgorithmen durch. Jahrzehnte später sind wir dank des Internets und Big Data in dieser Hinsicht einen riesigen Schritt weiter: aus den Raupen von damals sind inzwischen Schmetterlinge geworden.


Im Mai 2016 berichtete der japanische Fernsehsender Asahi, dass ein Roman, der von einem Team von Studierenden der Future University Hakodate geschrieben wurde, aus 1450 Einreichungen für einen Literaturpreis ausgewählt worden war – sehr zum Erstaunen der Leser. Zu sagen, dass die Geschichte nur von einem Roboter geschrieben wurde, wäre allerdings nur die halbe Wahrheit. Hinter dem Programmcode stecken selbstverständlich immer noch Menschen aus Fleisch und Blut, und die Details, Plots, Dialoge, Rollen, Handlungsort und andere „Bauteile“ in der Datenbank wurden ebenfalls von Menschenhand gemacht und geordnet. Das Programm musste dann nur noch Programmierbefehlen folgen, um eine Reihe von Aufgaben auszuführen: Sortieren, Zusammenstellen, Ableiten, grammatikalische Tests und einen letzten Feinschliff durchführen. Dennoch fühlt sich dieser Sieg der Maschine über den Menschen wie der Beginn einer literarischen Revolution an. Der erste Schritt ist getan, und jetzt, da sich die Algorithmen weiter entwickeln und die Datensätze weiter wachsen, scheint das Gedeihen einer literarischen Roboterkultur unausweichlich und unmittelbar bevorstehend. Die Roboter sind angekommen, die Experten haben sich versammelt, und ich befürchte, es ist nur eine Frage der Zeit bis sie einen eigenen Schriftstellerverband zu gründen, eigene Regeln erlassen und einen Vorsitzenden ernennen.

Wenn der Tag kommt, müssen die Leserinnen und Leser ihre Bestellung vielleicht nur noch in eine Dialogbox eingeben:


Männliche Hauptrolle: Modischer Gentleman. Weibliche Hauptrolle: Wildes Mädchen.
Nebenrollen: Keine Präferenz. Genre: Liebe / Spannung. Handlungsort: Insel / Stadt. Grundstimmung: Ängstlich. Religiöse Tabus: Keine. Haupthandlung: Geliebter Hund / Leukämie / Meteorit trifft die Erde. Stil: Keine Präferenz....


Und so weiter.

Einen Klick später erhält unsere Leserin eine logisch aufgebaute, lebendige und dramatische Geschichte oder gar eine Serie. Der Autor kann ein Computerprogramm, eine Person oder sogar ein unbeholfenes Gespann aus KI und MI (Menschlicher Intelligenz) sein, wie es schon jetzt sogenannte „Schriftstellerprogramme“ möglich machen, wie man sie auf Taobao für 15 Yuan kaufen kann, meist als billige Plagiatsassistenten. Diese Programme sind längst die verborgene zweite Hälfte – vielleicht die bessere Hälfte – vieler Internet-Autoren geworden. Durchaus denkbar, dass der eine oder andere beliebte Autor der Zukunft später als virulentes digitales Gespenst entlarvt werden, wenn sich herausstellt, dass der preisgekrönte Herr Ma mit den vielen rührende Dankesreden oder die hochgeschätzte Frau Helen, die so viel Herzensgutes getan hat, aus nichts weiter bestehen, als einem Haufen Siliziumchips, einer Festplatte und ein paar Datenkabeln.


Roland Gérard Barthes | © wikipedia.org


Man könnte meinen, der französische Intellektuelle Roland Barthes hätte die aktuelle Krise hervorgesehen, als er 1968 seinen Essay Der Tod des Autors schrieb. Aber wenn der Tod der Schriftstellerei eintrifft, durch was wird sie dann ersetzt? Werden die nächsten Qu Yuans (屈原), Du Fus (杜甫), Shakespeares, Tolstoys, Cao Xueqins (曹雪芹) und Kafkas an irgendeinem Ort wie Silicon Valley oder Zhongguancun in vom Fließband laufen, bis die Menschen von den Literaturmassen erst überfordert, dann verdrossen und schließlich angewidert sein werden? Oder knicken immer mehr Geisteswissenschaftler vor der Übermacht der Technik ein und ergreifen die Flucht? Sind die jungen Qu Yuans, Du Fus, Shakespeares, Tolstoys, Cao Xueqins und Kafkas zu einem frühen Tod verdammt, in den Wahnsinn getrieben und belagert von Robotern?


Vielleicht ist es das, was die Technologie-Utopisten bereits im Sinn haben.


Autor: Han Shaogong (韩少功) ist Autor und ein Pionier der Wurzelliteratur (寻根文学). Zu seinen wichtigsten Werken gehören die Kurzgeschichtensammlung „Moon Orchid" (1981), die Novelle „Pa Pa Pa“ (1985) und der Roman „A Dictionary of Maqiao“ (1996).

Übersetzung: Jonas Borchers

Copyright: Dieser Beitrag erschien erstmals im Juni 2017 in der Zeitschrift „Dushu“ (读书杂志)


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