其他
Filmfestival im Umbruch: Die Berlinale 2024
Das Festival ist auf Diät: Der Internationale Wettbewerb präsentiert sich derweil mit vielversprechend breitem Angebot. Läutet das Leitungsteam damit die Zukunft der Berlinale ein?
Das ist sie schon, die letzte Berlinale, die Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek und der Künstlerische Leiter Carlo Chatrian in ihrer fünfjährigen Amtszeit ausrichten. Rund 230 Filme laufen 2024 auf dem größten Publikumsfestival der Welt. 2023 waren es noch mehr als 280, zu Zeiten des Vorgängers Dieter Kosslick gar über 400. Die Berlinale verschlankt sich zunehmend. Gründe dafür liegen auf der Hand: Erst wirkte sich Corona negativ aus, dann kamen Inflation und Preisspiralen hinzu – jetzt muss man sparen. Zwei Sektionen, Perspektive Deutsches Kino und Berlinale Series, sind dem Rotstift zum Opfer gefallen. Die Filme werden trotzdem zu sehen sein, verteilt in anderen Reihen oder in speziellen Galas.
Weltumspannender Wettbewerb
So wird erstmals ein Wettbewerbsbeitrag aus Nepal dabei sein. Shambala von Min Bahadur Bham begleitet eine Frau auf der Suche nach ihrem Ehemann durch die Weiten des Himalayas. Interplanetarische Ritter beherrschen ein französisches Fischerdorf in Bruno Dumonts dystopischer Tragikomödie L’Empire. In einem weiteren Science-Fiction-Film, Another End von Piero Messina, spielt Gael García Bernal einen Mann, dessen verstorbene Freundin ins Leben zurückgeholt wird. Auch der südkoreanische Kultregisseur Hong Sangsoo darf nicht fehlen, in seiner Komödie A traveler’s needs ist der französische Superstar Isabelle Huppert zu sehen.
Vergangenheit, Zukunft und ein Flusspferd
Intensität des Lebens
Mit Andreas Dresen und Matthias Glasner sind zwei renommierte deutsche Regisseure im Bären-Rennen. In Liebe, Eure Hilde erinnert an die NS-Widerstandskämpferin Hilde Coppi (Liv Lisa Fries), die 1943 in Berlin hingerichtet wurde. Das Drehbuch schrieb erneut Laila Stieler, die 2022 für Dresens Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush einen Silbernen Bären erhielt.
Gespannt sein darf man auch auf das Familiendrama Sterben, mit dem Matthias Glasner nach zwölf Jahren in das Hauptprogramm zurückkehrt. Der Film „über die Intensität des Lebens angesichts der Unverschämtheit des Todes“, so der Verleih, versammelt mit Lars Eidinger, Corinna Harfouch und Lilith Stangenberg ein prominentes deutsches Ensemble.
Afrikanisches Kino und Repressionen aus Teheran
Dialoge und Raritäten
Wieder nutzt das Festival seine Strahlkraft, um für einen offenen Dialog und friedlichen Austausch einzutreten. Das Leitungsduo positioniert sich deutlich gegen Rassismus und „jegliche Form von Diskriminierung“. Zum aktuellen Nahost-Krieg soll etwa ein mobiles „Tiny House“ die Möglichkeit bieten, sich über den israelischen-palästinensischen Konflikt austauschen zu können. Ein Panel verhandelt das Filmschaffen in Zeiten der Krise.
Doch soll es bei dieser 74. Berlinale nicht nur um Krisen gehen. Das Kino wird im Mittelpunkt stehen – und seine Stars: Cillian Murphy und Emily Watson aus dem Eröffnungsfilm Small things like these wollen dabei sein. Gael García Bernal, Rooney Mara, Isabelle Huppert, Carey Mulligan, Paul Dano und Kristen Stewart haben ihr Kommen angekündigt. Freuen darf man sich auf Martin Scorsese, der den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk erhält. Oder auf cineastische Raritäten wie die restaurierte Originalfassung des japanischen Godzilla-Klassikers Gojira von 1954 – oder den 14-stündigen griechischen Dokumentarfilm exergue – on documenta14.
Unterm Strich erscheint das reduzierte Programm tatsächlich als ein Gewinn, können sich doch die einzelnen Produktionen stärker im internationalen Kontext profilieren. Vielleicht ermöglichen Chatrian und Rissenbeek zum Abschied mit der von ihnen angestoßenen Verschlankung einen Blick in die Zukunft der Berlinale.
Ula Brunner ist Redaktionsleiterin von redaktion.brunner, Journalistin mit den Schwerpunkten Kultur und Gesellschaft und Redakteurin beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb).
Copyright: Goethe-Institut e.V.